Alzheimer ist nur eine von mehreren verschiedenen Krankheiten, die zur Demenz und damit zur beeinträchtigten Leistungsfähigkeit des Gehirns führen können. Wer an Demenz leidet, braucht Hilfe. Hilfsbedürftigkeit heißt aber nicht Verlust von Rechten. Der Patienten- und Pflegebeauftragte der Bayerischen Staatsregierung, Herr Prof. (Univ.Lima) Dr. Bauer MdL, begrüßt die Initiative zur Ersten Bayerischen Demenzwoche 2019 durch das Bayerische Staatsministerium für Gesundheit und Pflege und betont anlässlich des Welt-Alzheimer-Tages am 21.09.2019 die Bedeutung der Patientenrechte betroffener Demenzkranker.
„Bei Demenzerkrankungen sind die Betroffenen langsam aber sicher immer weniger in der Lage, ihre eigenen Handlungen zu kontrollieren“, so Dr. Bauer. „Trotzdem gilt auch für sie das Grundgesetz. Und dieses schützt ganz klar die freie Entfaltung der Persönlichkeit – unbeeinflusst von den geistigen oder körperlichen Fähigkeiten des Einzelnen. Wer also an Demenz erkrankt ist, hat immer noch das Recht, bis an sein Lebensende ein so weit wie möglich eigenständiges und selbstbestimmtes Leben nach eigenen Wünschen und Vorstellungen zu führen. Dieser Hinweis ist mir wichtig“, so der Patienten- und Pflegebeauftragte, „weil er die Bedeutung von Würde im Alter und von Würde bei Erkrankung unterstreicht!“
„Wenn es um Rechte von Demenzerkrankten geht“, so Dr. Bauer „denkt man vor allem an Geschäftsfähigkeit, medizinische Behandlung, Pflege und Betreuung. Ich empfehle daher ganz klar allen betroffenen Angehörigen, sich rechtzeitig beraten zu lassen, damit man seine eigenen Rechte aber auch die Rechte des erkrankten Familienmitgliedes kennt. Immer wieder berichten mir Angehörigen, dass die Demenzerkrankung in ihrer Familie schwierige Entscheidungen von allen abverlangt hat.“
Bei fortgeschrittener Demenz sind die Erkrankten oft nicht mehr geschäftsfähig. Wenn es beispielsweise zu sinnlosen Käufen oder Verträgen gekommen ist, können diese rückgängig gemacht werden. Meist reicht der Nachweis, dass der Demenzkranke zum Vertragszeitpunkt geschäftsunfähig war, in Form eines ärztlichen Attestes aus. „Man sollte frühzeitig an die Ausstellung hilfreicher Dokumente, wie z.B. Vorsorgevollmacht, Betreuungsverfügung oder Patientenverfügung, denken“, so Bauer. „Zur Sicherstellung, dass diese Vorsorgedokumente im Ernstfall auch aufgefunden werden, kann man diese auch im Zentralen Vorsorgeregister der Bundesnotarkammer registriert lassen.“
„Außerdem hat jeder Mensch das Recht, über seine Erkrankung aufgeklärt zu werden. Dies gilt auch für Demenzkrankte“, erklärt der Beauftragte. „Natürlich kann sich ein Betroffener auch entscheiden, dass er die Diagnose nicht kennen möchte. Ebenso ist bei medizinischen Eingriffen der Wille des Demenzkranken oder seines rechtlichen Vertreters maßgeblich. Es ist ganz klar, dass Ärzte nicht gegen die Wünsche ihrer Patienten handeln dürfen – auch im Falle einer Demenzerkrankung. Dies gilt auch und besonders dann, wenn ein Mensch sich am Lebensende befindet.“
Inzwischen ist vielen bekannt, dass der Umgang mit einem demenzkranken Familienmitglied für Angehörige zu einer großen körperlichen und psychischen Herausforderung werden kann. Auch medizinisches Personal braucht beim Umgang mit diesen Patienten nicht nur Fachwissen, sondern oft große Geduld und Einfühlungsvermögen. Der Patienten- und Pflegebeauftragte warnt: „Demenzkranke beispielsweise mit Arzneimitteln ruhigzustellen oder sie zu fixieren, darf trotz aller Belastung nie die erstbeste Lösung oder gar ein Dauerzustand sein. Alle Personen, die mit Demenzkranken zu tun haben, müssen sich bewusst sein, dass solche Maßnahmen unter Umständen Freiheitsentzug bedeuten und sogar strafbar sein können! Selbst das Abschließen eines Zimmers kann genehmigungsbedürftig sein, wenn diese Form des Freiheitsentzugs nicht nur vorübergehend und zum Schutz des an Demenz erkrankten Menschen ergriffen wurde.“
Dr. Bauer: „Hinweisen möchte ich explizit auch auf das Recht von gesetzlichen Betreuern oder Bevollmächtigten, sich die Pflegedokumentation aushändigen zu lassen. Wenn der Verdacht auf den Einsatz freiheitsentziehender Maßnahmen bei dem Demenzkranken vorliegt, die nach Einschätzung des Betreuers oder des Bevollmächtigten genehmigungspflichtig wären und ohne das Einverständnis des Betreuungsgerichts erfolgten, sollte vom Einsichtsrecht unbedingt Gebrauch gemacht werden. Auch die Meldung an das Betreuungsgericht ist in einem solchen Fall zu überlegen.“
Angehörige haben nicht automatisch ein Einsichtsrecht und brauchen eine Vollmacht, die sich auch auf die gesundheitliche Sorge erstreckt.
Rechtsberatung finden Angehörige, Betreuer, pflegerisches sowie ärztliches Personal beispielsweise bei der Verbraucherzentrale Bayern e.V. (www.verbraucherzentrale-bayern.de) sowie verschiedenen Fach- oder Sozialverbänden (oft kostenpflichtig). Auch die Fachstelle für Demenz und Pflege Bayern ist ein wichtiger Ansprechpartner (www.demenz-pflege-bayern.de).